Montag, 18. Oktober 2010

Dedication! Dedication! Dedication!





Das stand auf der Einladung, die wir bekommen haben. Der jüngste Sohn eines Kunden von Ralph sollte getauft werden. Die Familie kommt aus Nigeria, und die Taufe sollte in der "Jesus Miracle Harvest Church" stattfinden. 

Nun muss man wissen, dass die Kirchen, denen viele Afrikaner angehören, sich als christlich definieren, nicht aber als katholisch oder evangelisch. Und das Haus ist auch keine Kirche im architektonischen Sinne so mit Turm, Glocke und sehr weihevoll, sondern eher etwas profanes. Hier handelt es sich um eine ziemlich große Halle. Die ist allerdings mit viel Liebe und Sorgfalt in eine Kirche verwandelt worden, in der locker ca 300 Leute Platz haben. Und bis auf den letzten Platz besetzt. So mancher Pastor oder Pfarrer würde vor Neid erblassen. Hohe Bogenfenster mit Bleiverglasung - sehr schöne farbige schlichte Motive - der Altar steht  auf einem Podest, drei Stufen hoch. An der Stirnwand hängt ein schlichtes großes Holzkreuz. Neben dem Altar stehen die Instrumente für die Band - ja richtig gelesen, die Band - Schlagzeug, Bongos, Keyboard, Trompete, Gitarre und vier Mikros für den Chor.

Wir setzen uns erst mal ein bisschen weiter hinten hin, ich fremdele ein bisschen, denn es sind fast nur Farbige zu sehen - und wie farbig! Für den sonntäglichen Kirchgang putzt man sich heraus. Hier werden im Sinne des Wortes Sonntagskleider getragen: Die meisten Männer tragen ihre Tracht, hellblau, gelb oder rot, Hosen und Hemd aus dem gleichen Stoff. Und sie tragen es mít großer Würde und sehen sehr schön darin aus. Viele Frauen tragen elegante Kostüme oder Hosenanzüge, einige auch lange Kleider mit kompliziert gewickelten Schleifen und auf dem Kopf große Turbane, die manchmal ein bisschen an Schmetterlingsflügel erinnern. Nur gut, dass wir uns auch ein bisschen schick gemacht haben. 

Tja, und dann denken wir immer, Osondu müsste doch jetzt mal kommen, wenn schon die Gäste alle da sind , schließlich ist ja sein kleiner Sohn die Hauptperson. Aber der Gottesdienst geht los ohne ihn. 

Und wie es losgeht! Es wird gesungen, geklatscht, gepredigt (alles auf englisch mit dem deutschen Text auf der Leinwand) auch die Liedertexte wurden deutsch und englisch auf der Leinwand gezeigt. Technisch sind die echt auf der Höhe. Im übrigen ist das die einzige Kirche, dich kenne, in der ein Plasmabildschirm in den Altar integriert ist. Irgendwie sehr pragmatisch. Und es wird von Anfang bis Ende alles gefilmt,und fotografiert. Die Predigten sind manchmal sehr launig, manchmal ernst aber immer leidenschaftlich.

Der Chor besteht hier aus 8 Frauen und Männern und einer stimmgewaltigen Vorsängerin. Sie liefert eine tolle Show und hat diesen sich steigenrnden Dialog mit dem Publikum - hier der Gemeinde - das begeistert reagiert. Viele Amens und Hallelujahs,  sehr schmissige Gospels, die es unmöglich machen still sitzen zu bleiben und das ist auch ok, denn alle reißt es von den Sitzen. Sie wechseln sich ab mit langsamen melodiösen Chorälen mit eingängigen Melodien, die zum Mitsingen einladen, auch wenn man die Melodie noch nie gehört hat.

Mit dem Kind auf dem Arm tanzt es sich auch ganz gut. Und es ist auch völlig unspektakulär, die Kinder während des Gottesdienstes zu füttern.




Hier bekommt Ihr einen hörbaren 
eindruck von der Lebendigkeit, die auf dieser Feier herrscht.


Das sind die 5 Kinder der Familie und Florian ist das Taufbaby


So nach zwei Stunden marschiert dann die Tauffamilie ein, es ist so ein bisschen wie Einzug der Gladiatoren, langsam und würdevoll schreiten sie zur ersten Reihe. Es gibt noch eine kurze Begrüßungspredigt - übrigens predigt da jeder, der sich dazu berufen fühlt, es gibt allerdings auch einen Pastor - und dann wird gratuliert. Alle, buchstäblich alle stehen auf, formieren sich in einer langen Schlange und gratulieren und segnen das Kind und die Familie. Als ehemals evangelische Person bin ich ja Gottesdienste von maximal einer Stunde gewohnt, mit Singen, Predigt, beten, singen und fertig. Von wegen! Jetzt geht die Party richtig los! Der Chor formiert sich wieder, die Band legt los, und die ganze Gemeinde rockt und swingt und singt. So eine tolle Stimmung, so voller Freude und liebevollem Miteinander, es berührt mich und ich singe laut mit und tanze. Es kostet ein bisschen Überwindung aber schließlich schaut da keiner so genau hin, alle freuen sich, wenn man mitmacht.

Mit singen, tanzen und beten dauert alles bis nachmittags drei Uhr. Dann gibt es eine große Segnung und die Gemeinde begibt sich in den angrenzenden Raum, der mindestens so groß ist wie der, wo der Gottesdienst stattgefunden hat. Dort stehen lange Tisch und Bänke, und aus der Küche, die auch dazu gehört, werden Speisen und Getränke auf die Tische gebracht, die sich bald biegen. Es gibt die fabelhaftesten fremdartigen Gerichte, an dieser Stelle seien hartgekochte Eier in süßem Hefeteig in Öl ausgebacken erwähnt. Nicht den Mund verziehen, erst kosten! Und es schmeckt richtig gut. Die Süße vom Teig hat sich mit dem Ei verbunden. Und nach einem Ding ist man schon mal pappsatt, kann aber nicht aufhören, weil es noch warmen Hirsesalat mit riesigen Miesmuscheln gibt oder getrocknetes und sehr scharfes Rindfleich mit Gemüse am Spieß. Es wird laut geredet, gelacht, gerufen und sich immer wieder umarmt, die Stimmung ist überschäumend fröhlich.


So gegen vier verabschieden wir uns von unserem Gastgeber und ich bin sicher, dass die Party noch bis zum Abend weitergeht

1 Kommentar:

  1. Wouw!!!!!!!!! Toll! Sehr schöne Beschreibung der Festlichkeit. Ich habe mitgefeiert!!
    Sicherlich hat sich Gott gefreut, dass diese Menschen ihren kleinen Menschen mit so viel Freude in seine Hände geben - Amen!

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